Lutz Hangartner, Präsident vom Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL), beobachtet das Treiben auf dem Trainermarkt genau – und hat Verständnis für das Verhalten der prominenten Fußball-Lehrer. Nach Marco Rose verlässt auch Adi Hütter vorzeitig seinen Arbeitgeber. Beim Bund Deutscher Fußball-Lehrer beobachten sie das Treiben in der Branche genau. Der Präsident Lutz Hangartner zeigt Verständnis. Die Trainer seien sich ihres Stellenwerts immer mehr bewusst. Was er damit meinte, war sofort klar. „So wie Adi Hütter?“, entgegnete Oliver Glasner, der Trainer des VfL Wolfsburg, am Donnerstag auf einer virtuellen Pressekonferenz auf die Frage, warum er nicht klar bekennt, auch in der kommenden Saison noch Trainer des VfL Wolfsburg zu sein.

Der Österreicher spielte auf seinen Landsmann an, der aktuell noch Trainer bei Eintracht Frankfurt ist und vor wenigen Tagen bekannt gab, dass er zur neuen Saison zu Borussia Mönchengladbach wechselt– und zwar nachdem er am 28. Februar auf die Frage nach seiner Zukunft noch gesagt hatte: „Ich bleibe.“

Hütter lieferte unter der Woche den Beweis, wie schnell sich die Dinge inzwischen auch auf dem Trainermarkt verschieben – und wie es um die Halbwertzeit bestimmter Worte bestellt ist. Nach Marco Rose, der von Mönchengladbach zum BVB wechselt, ist Hütter der zweite Bundesligacoach, der vorzeitig aus seinem Vertrag aussteigt. Es ist Bewegung in der Branche. Zweitligist SC Paderborn etwa muss sich zur neuen Spielzeit einen neuen Coach suchen, da Steffen Baumgart nicht verlängern will. In München ist nicht klar, ob Hansi Flick, der ein Kandidat beim DFB ist, beim FC Bayern bleibt. Bayer Leverkusen hat eine vakante Trainerstelle, die derzeit mit der Interimslösung Hannes Wolf besetzt ist.

WELT: Nach Marco Rose profitiert nun auch Adi Hütter von einer Ausstiegsklausel und verlässt vorzeitig seinen Arbeitgeber. Wie stehen Sie dem Thema Klauseln gegenüber?

Lutz Hangartner: Ottmar Hitzfeld hat diese Entwicklung vor Kurzem sehr deutlich kritisiert, denn aus seiner Sicht wurden zum damaligen Zeitpunkt noch Verträge abgeschlossen mit der „Pflicht“, diese zu erfüllen. In dieser Hinsicht sollte der Trainer eine Vorbildfunktion erfüllen. Nach meiner Auffassung können wir heute das Rad nicht mehr zurückdrehen. Verträge in der Gegenwart haben nicht mehr dieselbe Verbindlichkeit wie in der Vergangenheit.

WELT: Was Spieler betrifft, verweisen viele Klubs darauf, dass sie den einen oder anderen Profi ohne Ausstiegsklausel gar nicht bekommen würden. Was sind Verträge denn heute noch wert?

Hangartner: Trainer und ihre Berater haben sich den Spielregeln angepasst, die im heutigen Fußball hinsichtlich der Spielerverträge längst gelten. Das heißt, dass auch Trainer häufig darauf bestehen, eine Ausstiegsklausel in ihre Verträge aufzunehmen. Diese Entwicklung mag man bedauern, aber sie ist ein Indiz dafür, dass Trainer das Gesetz des Handelns nicht mehr allein den Klubs überlassen wollen. Die Chance, frühzeitig zu einem „Schwergewicht“ der Bundesliga oder ins Ausland wechseln zu können, will man sich nicht entgehen lassen und damit einen weiteren Schritt auf der persönlichen Karriereleiter vollziehen. Wenn ein Klub diese Ausstiegsklausel nicht will, bleibt es ihm vorbehalten, den betreffenden Trainer nicht zu verpflichten.

WELT: Müsste man Ausstiegsklauseln zumindest für Trainer verbieten – oder bedienen die sich nun quasi nur einer Sache, die bei den Spielern Usus ist?

Hangartner: Warum verbieten, was bei Spielern längst die Regel ist?

WELT: Wie etwa auch Ablösen?

Hangartner: Wenn schon ein Trainer aus einem laufenden Vertrag aussteigen möchte, ist es mehr als gerechtfertigt, dass der aufnehmende Klub dafür eine Ablösesumme bezahlt, die ja meist im Vertrag festgelegt ist.

WELT: Dirk Zingler, Präsident von Union,sagte kürzlich in einem Interview, dass er Ausstiegsklauseln für Trainer nicht gutheiße. Trainer seien Führungspersonen, die man nicht ständig neu aufstellen könne. Ein Trainer müsse sich entscheiden, welchen Weg er gehen wolle. Verantwortliche dürften sich nicht ständig Gedanken darüber machen müssen, dass eine Führungskraft eventuell geht.

Hangartner: Dieser Kommentar liest sich sehr idealistisch. Einerseits fordert er von Trainern, dass sie ihren Vertrag erfüllen, andererseits werden die Klubs heute kaum noch kritisiert, wenn sie selbst häufig vorschnell ihre Trainer entlassen. In dieser Hinsicht sollten auch die Verantwortlichen der Klubs Vorbildfunktion haben und diese nicht einseitig vom Trainer verlangen.

WELT: Möglicherweise muss sich auch Branchenprimus FC Bayern nach einem neuen Trainer umschauen. Hansi Flick zieht es trotz Vertrags offenbar zum DFB – als Nachfolger von Joachim Löw. Wie erleben Sie diese Debatte?

Hangartner: Ohne die internen Querelen des FC Bayern genau zu kennen, kann ich nachvollziehen, dass Hansi Flick ernsthaft darüber nachdenkt, Bundestrainer zu werden. Offensichtlich scheint langfristig keine produktive Zusammenarbeit mit Hasan Salihamidzic möglich zu sein. Permanente Querelen um die Zusammensetzung des Spielerkaders gefährden den Erfolg des FC Bayern, der wie bei keinem anderen deutschen Top-Klub erwartet wird. Hansi Flick wird sich auch bewusst sein, dass selbst bei großen Verdiensten in der Vergangenheit nur das Hier und Heute zählt und er bei ausbleibenden Erfolgserlebnissen selbst sehr schnell auf dem „Schleudersitz“ Platz nehmen müsste. Ich erinnere an Felix Magath, der nach dem gewonnenen „Double“ in der folgenden Saison beim FC Bayern gehen musste.

WELT: Wundert es Sie, dass sich derzeit so viel auf dem Trainermarkt bewegt?

Hangartner: Die Trainer sind sich durchaus Ihres Stellenwertes bewusst und sind nicht länger bereit, in diesem „Fußballspiel“ immer nur die passive Rolle zu übernehmen.

Quelle: www.welt.de

md/17.04.2021

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