In einer Talkrunde mit Moderator Hardy Hasselbruch vom Kicker-Sportmagazin stellten Volker Finke, ehemaliger Trainer Kameruns, und Gernot Rohr, aktueller Trainer von Nigeria, den Kongressteilnehmern ihre Sicht auf die Weltmeisterschaft 2018 in Russland vor und sprachen über den afrikanischen Fußball.

Am meisten überraschte Volker Finke bei der WM in Russland das frühe Ausscheiden der deutschen Mannschaft. Über das Abschneiden der afrikanischen Mannschaften hat er sich ebenfalls geärgert, da diese in der Vorrunde knapp hängen geblieben sind. Als Problem stellte Volker Finke fest, dass der Kontinent Afrika viele Talente hätte, der Verband und die Vereine es aber nicht schaffen würden, die Dinge so zu lenken, dass die Talente besser koordiniert und unterstützt werden. Gernot Rohr berichtete, dass auf einem Kongress in Casablanca nach der WM alle afrikanischen Mannschaften darüber gesprochen haben, warum es für keine von ihnen bei der WM gereicht hat, in das Viertelfinale einzuziehen. Rohr sieht in Afrika weiter viel Arbeit für den Verband und die Vereine in Afrika. Der Nationaltrainer Nigerias sieht vor allem in der Organisation und in der Vorbereitung Schwächen im afrikanischen Fußball.

Auf das Abschneiden seiner Mannschaft bei der WM angesprochen, stellte Rohr fest, dass seine Spieler noch nicht das individuelle Niveau wie andere Teams bei der Weltmeisterschaft hatten. Nigerias Spieler seien noch zu jung und sie besäßen über vergleichsweise wenig Erfahrung, da wenige von ihnen in ihren Vereinen Stammspieler seien. Nigeria habe einfach keine Spitzenmannschaft und viele Spieler seien vor den Spielen auch sehr aufgeregt gewesen, berichtete Gernot Rohr. Für neun von elf Spielern auf dem Platz war es die erste Teilnahme an der Endrunde einer Weltmeisterschaft. Volker Finke berichtete ebenfalls über den Kongress in Casablanca und war sehr erfreut über die Worte des Trainers der Nationalmannschaft von Senegal, Aliou Cissé. Dieser sagte, dass alle afrikanischen Teams mehr Besessenheit außerhalb des Platzes entwickeln müssen. Die Qualität der Spieler sei kein Problem, sie sei vorhanden. Afrika muss außerhalb des Spielfeldes besser werden: Die Verbesserung der Organisation der Spieler und des Drumherums sei ein Schlüssel für die afrikanischen Mannschaften.

DSC 4609 72dpiGernot Rohr war als Nationaltrainer Nigerias bei der WM 2018 in Russland.Auf die Aufarbeitung der WM angesprochen stellte Rohr fest, dass man nicht die Schlüsselrolle des Trainers vergessen solle. Didier Deschamps habe das psychologisch wunderbar gemacht, sagte Rohr. Er hatte das nötige Fingerspitzengefühl und wusste genau, wie er mit seinen Spielern umzugehen hatte. Um in Zukunft bei einem internationalen Turnier erfolgreich zu sein, käme es darauf an schnell und dynamisch nach vorne spielen und dabei stabil zu stehen und gut verteidigen, sagte Rohr. Volker Finke schilderte ebenfalls seine Sicht auf den aktuellen Stand des afrikanischen Fußballs. Er ist der Meinung, dass es in Afrika genug Talente gebe. Finke findet es jedoch „Jammerschade, dass in Kamerun in der 1. und 2. Profiliga kaum Spielergehälter bezahlt werden.“ Er sagt: „Es gibt keine Sponsoren, daher ist auch kein Geld da.“ Das Resultat sei, dass die guten Spieler schon sehr früh ins Ausland wechseln. Der afrikanische Fußball habe so weiter mit starken Strukturproblemen zu kämpfen. „Das finde ich sehr schade“, beteuert Finke am Ende des Talks.