Als Fußballtrainer geht es nicht nur darum, taktisch bestens ausgebildet zu sein und ein Talent für Trainingsgestaltung zu besitzen. Soziale Aspekte, wie Empathiefähigkeit und kommunikative Kompetenz, spielen ebenfalls eine große Rolle. Dominik Reinhardt widmet sich in seiner Arbeit als Sport Mental Coach unter anderem der Mimikresonanz und Emotionserkennung im Fußball und erklärt, was es mit den Begriffen auf sich hat und wie Trainer*innen sich Fähigkeiten auf den Gebieten aneignen können.

Was ist eigentlich emotionale Intelligenz? Warum ist Empathie ein Erfolgsfaktor im Berufs- und Traineralltag? Was bedeutet Mimikresonanz und wieso hilft sie mir beim Umgang mit Spieler*innen? Diese und weitere Fragen behandelt Dominik Reinhardt in seinem Fachbeitrag „Mimikresonanz und Emotionserkennung im Fußball“, der zunächst im 61. BDFL-Journal erschienen ist und nun auch online abrufbar ist:

Mimikresonanz und Emotionserkennung im Fußball

„Ich habe im Rahmen des BDFL-Online-Campus bereits zweimal über das Thema Mimikresonanz referiert und damit ein Themenfeld eingebracht, das bis dato noch keine große Aufmerksamkeit in der Trainer-Fortbildung gefunden hat. Als Sport Mental Coach erkläre ich, was Mimikresonanz überhaupt Dominik_Reinhardt.jpgDominik Reinhardt hat bereits mehrfach im BDFL-Online-Campus referiert.bedeutet und warum sie im Fußball eine Rolle spielt. Es war das Jahr 2015 und für mich stand die zweite Fußball-Lehrer-Eignungsprüfung in Hennef auf dem Programm. Nach der mündlichen Prüfung ging es zum praktischen Teil. Immer als Zweiergespann bestehend aus einem Trainer und einem Co-Trainer im Wechsel führt man meist ein 8:8 durch, unter Coaching-Gesichtspunkten und einem Schwerpunkt. Mein Kollege und Co-Trainer der Übung zu dieser Zeit war niemand Geringeres als der neue Trainer des FC Bayern München, Julian Nagelsmann. Wir sprachen uns ab, koordinierten die Ziele und die Übung und es ging los. Quintessenz war ein Feedback von Frank Wormuth, Chefausbilder zu dieser Zeit, welcher sagte: „Dominik, du hast Emotionen gezeigt.“ Innerlich dachte ich: Super, er hat es gesehen, doch dann kam der Nachsatz: „Aber negative…“. Schon zu dieser Zeit wusste ich, dass es keine negativen und positiven Emotionen gibt, doch das war eines der Erlebnisse, die mich dazu antrieben, mich mehr mit diesem Thema zu befassen.

Empathie als Erfolgsfaktor

Kurzum: Julians weiterer Weg ist bekannt, meiner ging aus Trainersicht in diesem Jahr erstmal auf Leistungsniveau (U17-Bundesliga) zu Ende und ich widmete mich voll dem Coaching und Training für Erwachsene, Trainer und Unternehmen, was ich seit 2007 bereits tat. Daraus sind nun mehr die Trainings und Vorträge zur emotionalen Intelligenz und Mimikresonanz im Fußball entstanden. Doch was bedeutet Mimikresonanz genau? Und was haben wir Trainer davon? Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle wahrzunehmen, richtig zu interpretieren und zu beeinflussen. Empathie – die Fähigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen – ist also Bestandteil der emotionalen Intelligenz, die als einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren im Beruf und als bedeutende Einflussgröße auf unsere Lebens- und Beziehungsqualität gilt. Empathie ist die Grundlage aller Menschenkenntnis und das Fundament zwischenmenschlicher Beziehungen. Je stärker Ihre Empathiefähigkeit ausgeprägt ist, je besser wir erkennen, wie sich andere Menschen fühlen, desto schneller und treffgenauer können wir herausfinden, was andere Menschen brauchen oder wollen, so auch unsere Spieler oder der Staff. Diese Fähigkeit – richtig wahrzunehmen, wie sich andere fühlen – ist die Grundlage und unverzichtbare Voraussetzung dafür, mit den Gefühlen anderer Menschen gut umzugehen. In nahezu allen beruflichen Situationen ist das die Basis für eine harmonische und erfolgreiche Zusammenarbeit. Gleichermaßen ist es die Voraussetzung für Vertrauen und Wertschätzung in unseren Beziehungen zu anderen Menschen und wir alle wissen, wie wichtig genau das im Spitzensport für Teams ist.

Mimik transportiert Emotionen

An keinem anderen Körperbereich werden Emotionen so deutlich wie im Gesicht. Die Körpersprache (die Körperhaltung und Gestik) kann natürlich einen maßgeblichen Einfluss auf den nonverbalen Ausdruck von Emotionen haben - so sind manche IMG_3156.jpgDominik Reinhardt als Trainer an der Seitenlinie.Emotionen untrennbar mit einer bestimmten Körpersprache verbunden; zum Beispiel Ärger mit einer Bewegung des Körpers nach vorne. Aber nur das Gesicht kann alleine das volle Spektrum der Emotionen ausdrücken. Diese Fähigkeit, die Empathie weiter auszubauen, steht im Mittelpunkt des Mimikresonanz-Trainings. Dafür nutzen wir die Signale der Mimik wie auch die Körpersprache, Stimme und den Sprechstil. Es geht also stets darum, den Menschen als Ganzes zu betrachten. Den Schwer punkt bildet dabei allerdings die Mimik, denn sie ist wie kein anderer Bereich dazu geeignet, das volle Spektrum unserer Emotionen abzubilden – sie ist die Bühne unserer Gefühle und wir spielen unser emotionales Leben im 4-3-3 Spielsystem.

Mikroexpressionen: Signale erkennen

Gleichzeitig ist die Mimik der am besten beforschte Bereich der Körpersprache. Die Forschung hat gezeigt, dass sich eine Emotion – auch wenn sie unterdrückt wird oder noch nicht bewusst ist – fast immer im Gesicht zeigt, zum Beispiel in Form von Mikroexpressionen. Diese Signale werden in der Praxis allerdings in den meisten Fällen übersehen. Durch ein didaktisch ausgefeiltes Trainingskonzept schärft Mimikresonanz Ihre Sinne spielerisch und schnell für die emotionalen Zeichen Ihrer Gesprächspartner in Mimik, Körpersprache und Stimme. Mimikresonanz bedeutet: emotionale Signale erkennen, richtig interpretieren und angemessen damit umgehen. Das Mimikresonanz-Konzept vervollständigt damit den Bereich der reinen Emotionserkennung durch ein zusätzliches praktisches Training, um die in einem Gespräch durch präzise Beobachtung gewonnenen Informationen auch angemessen und zielführend zu nutzen.

Mimikresonanz im Fußball

Für uns Fußballtrainer*innen bedeutet das, die Emotionen der Spieler besser zu sehen, vor allem die subtilen, also leicht auftretenden, beispielsweise ablehnenden Signale wie Ekel oder Verachtung, wenn eine neue Taktik besprochen wird. Oder ein soziales Lächeln von echter Freude zu unterscheiden in einem Feedbackgespräch. Hat unser Spieler vielleicht noch Angst vor der neuen Aufgabe, aber sagt es nicht verbal? Oder zeigt unser Kapitän Zeichen der Ablehnung nach der Mannschaftssitzung, soll aber als rechte Hand fungieren auf dem Platz? Die Resonanz auf das Wahrgenommene ist dann der nächste Schritt. Deshalb ist Mimikresonanz auch nicht nur eine Technik zur Erkennung von Signalen, wie Taktikanalyse im Fußball. Mimikresonanz ist vielmehr eine Sprache, eine innere Haltung. Eine innere Haltung, in der die Spieler wichtig sind, und wir Trainer*innen auch unser Mindset und unsere Wirkung automatisch ins Positive ändern. Deshalb sollten wir manchmal mehr wahrnehmen, anstatt selbst zu bewerten. Emotionen und Mentalität entscheiden Spiele und auf Dauer Saisons, das wissen wir alle und wir haben es sicherlich auch schon des Öfteren erfolgreich oder mit Niederlagen erfahren. Warum beschäftigen wir uns dann so selten mit unseren Emotionen? Wie sie wirken, was sie ausmachen und wie wir sie regulieren können? Auch in ausgewählten Fortbildungen des BDFL wird und wurde Mimikresonanz thematisiert und ihr könnt nebenbei noch Lerneinheiten für eure Lizenz sammeln. Viel Erfolg in der Vorbereitung auf die neue Saison und immer ein empathisches Händchen!"

Dominik Reinhardt / mst